Tag 17 – Schöner Mittelrhein – und Katastrophe in Koblenz

Montag 27. Mai 2024

Wir starteten aus dem Yachthafen Oberwinter bei herrlichem Sonnenschein in einen schönen, neuen Tag. Kurz nach dem Start kamen wir an den Resten der Brücke von Remagen vorbei (siehe Vortag) und dann in schöne Landschaften des insgesamt 130 Kilometer langen Mittelrheins (zwischen Bonn und Rüdesheim), der als UNESCO-Welterbe ausgezeichnet wurde. 

Bei der Annäherung an die Stadt Koblenz sieht man schon aus der Distanz die Festung Ehrenbreitenstein und die dorthin führende Seilbahn: diese Seilbahn wurde für die Bundesgartenschau 2011 in Koblenz errichtet und hat mit einer Transportkapazität von 7.600 Personen pro Stunde die deutschlandweit größte Kapazität. Auf 890 Metern Länge werden 112 Höhenmeter vom Rheinufer nahe des Deutschen Eck frei über den Rhein zur Festung überwunden.

Einer der bekanntesten Orte von Koblenz ist das Deutsche Eck an der Einmündung der Mosel in den Rhein mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal: das 44 Meter hohe Reiterstandbild zählt zu den acht Nationaldenkmälern Deutschlands. Damit wird Wilhelm I. gedacht, der in drei Einigungskriegen (1864-1871) die militärische Grundlage für die deutsche Reichsgründung (1871) gelegt hat und im Schloss Versailles zum ersten deutschen Kaiser ernannt wurde.

Wir sind gegenüber des Koblenzer Rheinufers als Kurzzeitgast in die kleine „Rhein-Marina Kaiser Wilhelm“ eingelaufen, um die Sehenswürdigkeiten auch von Land aus zu besichtigen.

Kurz nach dem Anlegen mussten wir noch eine halbe Stunde warten, bis ein heftiger Regenschauer abgezogen war, bevor wir unsere Fahrräder herausholen konnten.

Aber schon nach gut einem Kilometer geschah es, als wir gerade die Brücke über den Rhein überquerten: auf einem zu diesem Zeitpunkt noch sehr nassen Kanalisations-Deckel, der etwas über den Belag herausragte, ist Ulrike heftig gestürzt. Sie ist mit dem Fahrrad etwas seitlich nach vorne auf den Asphalt aufgeschlagen, so dass möglicherweise der Fahrradhelm, die wir immer tragen, schlimmeres verhindern musste, da er einen Teil des Sturzes abfangen konnte. Mit Abstand jedoch am Schlimmsten hat es die rechte Hand erwischt – außerdem sind die Knie etwas aufgeschlagen und an einem Schneidezahn ist ein kleinerer Bruch entstanden. Ein direkt nachfolgender Fahrradbote hat dankenswerterweise sofort den Notdienst gerufen – wenngleich er, der den Unfallhergang beobachtet hatte, beim Notruf mit einem zerbrochenem Fahrradhelm etwas übertrieben hat.

Der Rettungswagen war aber wohl auch deshalb sehr schnell mit Blaulicht angekommen. Einer der beiden Sanitäter hat von hinten sofort Ulrikes Kopf fixiert – da sie ja vom Schlimmsten mit einem Bruch an der Halswirbelsäule ausgehen mussten. Nach eingehendem Abtasten am gesamten Körper auf der Suche nach weiteren Verletzungen wurde Ulrike in den Rettungswagen geladen und zunächst weitere Untersuchungen gemacht. Anschließend wurden wir ins Brüderhaus des Katholischen Klinikums Koblenz gebracht.

Die Röntgenbilder bestätigten leider bereits die Verdachtsdiagnose, dass ein Bruch des Handgelenks passiert ist. Konkret handelt es sich um eine Flexionsfraktur, einem beim Sturz eher ungewöhlichen Bruch in Anbeugung des Handgelenks, mit einem gelenknahen Trümmerbruch von Elle und Speiche. Zunächst wurde die Fehlstellung wieder eingerichtet, aber eine Operation ist zwingend notwendig. Vorläufig wurde ein Gips angelegt, damit wir die Operation zu Hause durchführen lassen können.

Damit war aber auch klar, dass unsere zehnwöchige Auszeit nach knapp zweieinhalb Wochen ein jähes Ende findet. Wie es weitergeht?

Zunächst mussten wir also überlegen, wo wir das Boot zurücklassen können und wie wir nach Hause kommen. Da unsere beiden Begleiter Norbert und Timo mit dem Auto nach Speyer und von dort mit dem Zug nach Düsseldorf gefahren waren, seit wo sie bei uns sind, haben wir beschlossen, die insgesamt etwa sechs Stunden schnelle Bootsfahrt weiter bis dorthin zu fahren.

Zur Übernachtung sind wir aber zuerst eineinhalb Stunden weiter bis Rüdesheim gefahren. Leider war für diesen wohl schönsten Abschnitt des Rheins weder die Licht- noch unsere Stimmung zum Genießen und wir konnten nicht langsam machen, weil es nach dem Krankenhausaufenthalt schon früher Abend geworden war, bis wir weiterfahren konnten.

Auch die eigentlich so berühmte Loreley, die 132 Meter hohe Schieferfelswand an der engsten und tiefsten Stelle des Mittelrheins gelegen, wirkte in der Vorbeifahrt recht unspektakulär. Schon immer ist dort wegen der starken Verwirblungen und Strömungen der gefährlichste Streckenabschnitt des Rheins, wo selbst in der heutigen Neuzeit noch immer wieder Schiffsunglücke passieren.

Zahlreiche Sagen und Gedichte erzählten deshalb die Geschichte, dass auf dem Felsen eine Jungfrau mit Ihrem Gesang die vorbeifahrenden Schiffer lockte, was zu den Unglücken führte. Am Bekanntesten ist vielleicht das Gedicht von Heinrich Heine aus dem Jahr 1824, das im 19. Jahrhundert in über 40 Liedfassungen vertont wurde:

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Mährchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar[;]
Ihr gold’nes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr gold’nes Haar.

Sie kämmt es mit gold’nem Kamme,
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh’.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lore-Ley gethan.

Die bekannteste Vertonung ist die Liedfassung von Friedrich Silcher aus dem Jahr 1837:

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